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„Kleists Frankfurt. Frankfurt (Oder) um 1800“

Ein studentisches Ausstellungsprojekt zur Stadtgeschichte in Kooperation mit dem Kleist-Museum und dem Collegium Polonicum.
[Polski]

Was war das eigentlich für eine Stadt, in der Heinrich von Kleist aufwuchs, in der er studierte und zu der er zeitlebens durch familiäre und freundschaftliche Bande enge Beziehungen pflegte? Wodurch zeichnete sich Frankfurt mit seinen Stadtteilen beiderseits der Oder an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert aus? Studierende der Europa-Universität Viadrina sind diesen und weiterführenden Fragen im Wintersemester 2010/2011 im Rahmen eines Projektseminars nachgegangen und haben daraus in Kooperation mit dem Kleist-Museum und dem Collegium Polonicum eine Ausstellung entstehen lassen, die unterschiedlichste Aspekte der Frankfurter Stadt- und Universitätsgeschichte um 1800 beleuchtet und mit dem Lebensweg Heinrich von Kleists in Beziehung setzt.

Ein zeitgenössisches Konversationslexikon von 1780 beschreibt Frankfurt an der Oder als „ziemlich grosse, wohlgebaute und etwas befestigte“ Universitäts-, Handels- und Garnisonsstadt. Und tatsächlich waren die alte, im Todesjahr Kleists 1811 nach Breslau verlegte Universität, die Messen und der Warenhandel sowie das in Frankfurt stationierte Militär wichtige Faktoren, die den Charakter der Stadt im 18. Jahrhundert geprägt hatten. Mit dem Wandlungsprozess, den Preußen nach seiner einschneidenden militärischen und politischen Niederlage 1806 durchlief, änderte sich auch das Gesicht des alten Frankfurt. Frühneuzeitliche Strukturen verloren an Bedeutung und wichen im Zuge der preußischen Reformen anderen Institutionen, beispielsweise dem Regierungssitz des neu geschaffenen Verwaltungsbezirks Frankfurt oder dem Oberlandesgericht. Alte Befestigungsanlagen wie die Mauer- und Wallanlagen am westlichen Stadtrand oder die Sternschanze, die jahrhundertelang zum Schutz des östlichen Brückenkopfes und der umliegenden Siedlung, der Dammvorstadt (dem heutigen Słubice), das rechte Flussufer dominiert hatte, wurden aufgegeben.

Die alte Frankfurter Universität, die „Alma Mater Viadrina“, war zu dem Zeitpunkt, als Heinrich von Kleist hier im April 1799 sein Studium an der philosophischen Fakultät aufnahm, eine schon fast drei Jahrhunderte bestehende Institution. Nach mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Vorbildern gegliedert umfasste die Viadrina (lat.: die an der Oder gelegene) vier Fakultäten, an erster Stelle die theologische ferner die juristische, die medizinische und die philosophische. Namentlich an der philosophischen Fakultät wurde ein breites, an die 25 Disziplinen umfassendes Spektrum von Fächern gelehrt, u.a. Mathematik, Physik, Astronomie, Rhetorik, Geschichte, Musik sowie seit dem frühen 18. Jahrhundert auch die neuen, für angehende Staatsbedienstete wichtigen Kameralwissenschaften. Frankfurt war für Studienanwärter aus dem märkischen, pommerschen, Lausitzer, schlesischen und großpolnischen Umland und aus dem entfernteren Osten aufgrund seiner geographischen Lage im ostelbischen Europa eine erste Station, an der sie ihre Studien begannen, um sie dann, wie es vielfach üblich war, an einem anderen Ort fortzusetzen. Unter den Ausländern an der Viadrina nahmen die Studenten aus Polen-Litauen mit 1.348 Immatrikulierten den ersten Platz ein. Im 17. Jahrhundert weilten mit 456 die meisten polnischen Studenten in der Oderstadt. In der Mehrheit waren die osteuropäischen Studenten an der theologischen Fakultät immatrikuliert.

Frankfurt als städtische, ökonomische und gesellschaftliche Einheit beiderseits der Oder sowie die „Alma Mater Viadrina“ als universitäre Schnittstelle zwischen dem Alten Reich und dem östlichen Europa befanden sich zur Studienzeit Heinrich von Kleists in den Jahren um 1800 nicht nur an der Schwelle in ein neues Jahrhundert, sondern auch an der Epochenschwelle zur Moderne. Die Ausstellung möchte daher kein statisches Bild von Kleists Geburtsstadt vermitteln, sondern ein besonderes Augenmerk auf die Entwicklungstendenzen dieser Zeit legen und auf die unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen, die die Stadt, die Universität und das Umfeld der Familie von Kleist in dieser Zeit prägten. Die studentische Ausstellung soll „Kleists Frankfurt“ damit wieder sichtbar werden lassen und zu einem musealen Stadtrundgang durch Frankfurt um 1800 einladen.

Ausstellungstermine und -orte:

12. April - 15. Juli 2011
Europa-Universität Viadrina, Gräfin-Dönhoff-Gebäude, Frankfurt (Oder)

19. Juli - 18. September 2011
Museum Viadrina, Junkerhaus, Frankfurt (Oder)

27. September - 30. Oktober 2011
und 3. - 28. Januar 2012

Kleist Forum, Frankfurt (Oder)

9. November 2011 - 29. Februar 2012
Collegium Polonicum, Słubice
(in polnischer Sprache)

6. - 28. März 2012
Université Paul Valéry – Montpellier III, Universitätsbibliothek, Montpellier
(Einladung des Département d’Études Germaniques der Université Paul Valéry – Montpellier III)