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Kleist - und die Deutschen

Ruhr-Universität Bochum, 29.04.2011

Veranstaltungszentrum Saal 1,
Beginn: 10 Uhr

Vortragende:
Prof. Dr. Benedikt Jeßing (Ruhr-Universität Bochum), Prof. Dr. Gerhard Plumpe (Ruhr-Universität Bochum), Prof. Dr. Carsten Zelle (Ruhr-Universität Bochum), Prof. Dr. Nicolas Pethes (Ruhr-Uni Bochum), Christoph Manfred Müller (Ruhr-Universität Bochum), Dr. Wolfgang M. Schröder (Universität Tübingen) und Dr. Ingo Breuer (Universität Köln).

Kleist und die Deutschen? Wieso hierzu ein Symposium? Wieso hierzu eine Denker- und Forscherrunde zusammen trommeln? Ist es nicht eindeutig, dass dieser vielleicht patriotischste aller deutschen Dichter ein Nationalist war, der ohne Skrupel und Reflexion gegen Napoleon und seine Verbündeten vor gehen wollte? „Nur der Franzmann zeigt sich noch / In dem deutschen Reiche; Brüder, nehmt die Keule doch, Daß er gleichfalls weiche.“ Und läßt dieser Dichter nicht in einem anderen Gedicht den Chor der Germania brutal sagen: „Mit der Keule, mit dem Stab, / Strömt ins Tal der Schlacht hinab!“ oder vielleicht noch fragwürdiger der Ausruf „dämmt den Rhein mit ihren Leichen“! Eine Gewaltaufforderung, die seines gleichen sucht, und keine Gründe mehr anzugeben vermag. Oder mit den Worten Kleists: „Schlagt ihn tot! Das Weltgericht / Fragt nach den Gründen nicht!“ Das Weltgericht vielleicht nicht, aber wir Deutschen sollten es tun. Denn Kleist war einer von uns. Er hat zur
 gleichen Zeit wie der „gute Europäer“ Goethe und der freiheitsliebende Schiller gelebt. Doch dieser „unaussprechliche Mensch“ stand abseits ihrer Marmorbüsten.

Kleist ist komplex – keine Frage. Kleist ist Extrem – keine Frage. Kleist wirft mehr Fragen auf, als er Antworten zu geben bereit ist – auch hier keine Frage.
Aber er ist auch nicht einfach der Nationalistisch-Radikale oder der Dumpf-Brutale. Er ist immer auch sein Gegengewicht. Er ist auch der Dichter, der seinem Freund von der blutigen und verzerrenden Misanthropie abrät, denn verwerflich scheint ihm „ein Hass über ein ganzes Menschengeschlecht! O Gott! Ist es möglich, daß ein Menschenherz weit genug für so viel Haß ist! Und gibt es denn nichts Liebenswürdiges unter den Menschen mehr?“ Woher nun rührt also sein Hass auf die Franzosen, woher sein übersteigerter Patriotismus? Wie kann ein Dichter, der von dem Franzosen Rousseau ebenso beeinflusst ist wie vom dem Königsberger Kant, ein Dichter, der seine Dramen und Erzählungen in den Niederlanden, Frankreich, Italien oder der Dominikanischen Republik spielen läßt, wie kann dieser Dichter wütende Aschewolken der Gewalt ausspeien?

In dem Symposium soll nun ein weiter Blick auf Kleist und seine Beziehung zu den Deutschen und damit auch sein Blick aufs Auslande wie der Schweiz gerichtet werden. Dabei bekommt seine Feldlyrik ebenso einen Platz wie sein Beziehung zu den Vorzeige-Deutschen Kant oder Goethe. Sein Gewaltepos die Hermannsschlacht wird ebenso seziert wie die Rahmenbedingungen nationalistischer Diskurse, in denen Kleist sich bewegt. So versuchen wir ein wenig Licht in diesen vielleicht dunkelsten deutschen Dichter hineinzubringen. Auch wenn er es uns nicht gerade einfach macht.
„Ich bin dir wohl ein Rätsel? Nicht wahr? Nun tröste dich; Gott ist es mir.“