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Wissensfiguren bei Heinrich von Kleist

(in Zusammenarbeit mit der
Heinrich-von-Kleist-Gesellschaft)

Universität Sidney
16.-20. Februar 2011

*NEU* Laden Sie hier das vorläufige Tagungsprogramm herunter.

»Denn nicht wir wissen, es ist allererst ein gewisser Zustand unsrer, welcher weiß« (DKV III, 540). Der Zugang zur Wissensproblematik in Kleists Werken erschließt sich einzig dem Versuch, solchen Änigmen auf den Grund zu kommen. In seinem Werk scheint sich jedes sichere Wissen entweder in ein »Versehen« oder aber in eine Desillusionierung angesichts der trügerischen Beschaffenheit der Sprache aufzulösen. Und doch zwingt der Autor seine Figuren zu einem Handeln, das ein gesichertes Wissen allzu oft als vergeblichen Nachtrag zu katastrophalen Ereignissen hinstellt.

Wie Klaus Müller‐Salget treffend bemerkt hat, treibt Kleist »mit einer Art von leidendem Sadismus« seine Figuren »immer wieder in extreme Situationen, die sie oft genug an den Rand des Wahnsinns bringen« (DKV III, 691). Man mag wie die Marquise von O . . . . sich gegen den Zug der Ereignisse stemmen – »Ich will nichts wissen [...[« (DKV III, 171), oder aber wie Penthesilea sich gegen Kentnisse wehren, die ihr Leben fortan unmöglich machen – »Ich will nicht wissen, wer aus diesem Busen/ Den Funken des Prometheus stahl [...]« (DKV II, 250) – das Werk setzt sich in beiden Fällen über solche Gesten souverän hinweg. Und doch ergeben sich Figuren aus dem Wechselspiel von Wissen und Nicht‐Wissen sowie auch aus der Antithetik von Wissen und Handeln, die eminent beschreibbar sind und neue Untersuchungen erfordern.

»Wollt ihr das wissen?« (DKV II, 267) fragt Graf Wetter vom Strahle am Anfang einer der bizarrsten Liebesgeschichten in der deutschen Literatur. Es ist außerdem kennzeichnend für Kleists dramatische Technik, dass die konträren Berichte Theobalds und des Grafen in ein Verhör übergehen, das alles über das »Geheimnis« Käthchens zu enthüllen verspricht – »Wenn du es wissen willst, wohlan so rede/ Denn dir liegt meine Seele offen da« (DKV II, 275) – jedoch am Ende nur weitere Rätsel aufgibt. Kleists Verhöre, jene vertrackten Wege der Wahrheitsfindung, die nicht seltenen Strategien, ein >Wissen< in die Welt zu setzen, die mit keiner Wahrheit korreliert – so wie zielbewusste Verschleierungen verfänglicher Tatbestände – stellen alle Bezugsfelder dar, die bei weitem nicht von der Forschung erschöpft sind.

Das Wissen bei Kleist ist immer wieder Gegenstand »eine[r] Mischung von Begierde und Angst« (DKV III, 239) und damit häufig auch mit der sexuellen Thematik verwoben. Auch die historische und die gesellschaftliche Dimension, die Wissensproblematik der Spätaufklärung und der Romantik in der Perspektive von Kleists Einzelgängertum, bieten manchen neuen Ansatzpunkt an. Angesichts der sehr eklektischen Referenzbereiche in den Schriften Kleists ergeben sich dringende Fragen nach der Gültigkeit gängiger Wissenskategorien. Kleist spielt mit Wissensfiguren unterschiedlichster disziplinärer Provenienz, von der Philosophie zur Rhetorik, von der Physik zur Chemie, von der Esoterik zur Geschichtsschreibung. Ist dies Spiel oder Ernst? Erhofft wird vor allem eine pluralistische Tagung, die auch die exotischsten Wissensfiguren bei diesem wahrhaft unergründlichen Autor zu Tage fördert.

Themenvorschläge an:

Yixu Lu, Department of Germanic Studies A18, University of Sydney, NSW 2006, Australien yixu.lu@usyd.edu.au,

Alison Lewis, School of Languages, University of Melbourne, Parkville 3052, Australien lewisa@unimelb.edu.au,

Anthony Stephens, School of Languages A18, University of Sydney, NSW 2006, Australien.