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„Träum’ ich? Wach’ ich?“

Heinrich von Kleist – Filmreihe zum 200. Todestag

12. bis 27. November 2011
Filmclub 813 e.V. / Kino in der Brücke, Köln

„Träum’ ich? Wach’ ich? Leb’ ich? Bin ich bei Sinnen?“ – nicht nur der Prinz von Homburg, alle Kleist-Figuren wissen nicht, wo oben und unten ist, wissen weder ein noch aus. Heinrich von Kleist schreibt an seine Schwester Ulrike: „die Wahrheit ist, daß mir auf Erden nicht zu helfen war“ und erschießt sich am 21. November 1811, mit 34 Jahren. Es bleiben Theaterstücke, Novellen, Anekdoten, Briefe. Kleists Texte gleichen gemeißelten Steinplatten, unter deren Oberfläche doch stets das Blut hervorschimmert. Keine ungebrochene Emphase wie bei Schiller, keine ausgleichende Harmonie wie bei Goethe. Das fasziniert bis heute. Autorenfilmer wie Eric Rohmer, Helma Sanders-Brahms oder Hans Jürgen Syberberg haben sich auf die Suche nach dem Kleist’schen Ausdruck im Film gemacht. Bei aller Unterschiedlichkeit vereint sie eines: Sie machen keine Kompromisse, sind unangepasst wie Kleist selbst.

Die Reihe wird voraussichtlich im Dezember 2011 weitergeführt. 

PROGRAMM

Samstag, 12. November, 20 Uhr

HEINRICH 
BRD 1976 Farbe 133 Min. 

Regie: Helma Sanders-Brahms, nach Dokumenten, Briefen und Schriften von Heinrich von Kleist
Kamera: Thomas Mauch
Musik: Wolfgang Amadeus Mozart, Johann Sebastian Bach, Ludwig van Beethoven Darsteller: Heinrich Giskes, Hannelore Hoger, Grischa Huber, Lina Carstens, Heinz Hoenig, Sigfrit Steiner 

»Was mich an Kleist fasziniert: das Auseinanderklaffen von Anspruch und Wirklichkeit. Was mich an Goethe ärgert: auf fatale Weise funktioniert alles: Leben, Schreiben, Lieben…Er arrangiert sich und nennt es: das Leben meistern. Kleist arrangiert sich nicht, verlangt zu viel und stürzt sich zu Tode: Da finde ich mich wieder.« Helma Sanders-Brahms 

»Helma Sanders-Brahms […] Porträt Kleists ist zersplittert – bis er sich 1811 mit Henriette Vogel umbringt, spiegeln die, die ihn gekannt, die sich ihm genähert haben, die Reflexe seiner zerrissenen Persönlichkeit. [..] Die großen Themen der romantischen Selbstmordsehnsucht, der Suche nach der verlorenen Identität, sind in einem Werk von großer emotionaler Kraft gemeistert […].«
Jacques Siclier/Le Monde (1977)

Einführung: Dr. Martin Roussel, Universität zu Köln / Vorstandsmitglied Heinrich-von-Kleist-Gesellschaft 


Mittwoch, 16. November, 20 Uhr

DER FINDLING 
BRD 1966 s/w 74 Min. 

Regie: George Moorse, nach der Novelle von Heinrich von Kleist
Kamera: Gérard Vandenberg
Musik: Wilfried Schröpfer
Darsteller: Rudolf Fernau, Julie Felix, Titus Gerhardt, Ahlken Kaprielian, Elke Kummer 

»Es ging nicht um eine Verfilmung irgendeines Klassikers, sondern um den Versuch, die literarischen Qualitäten eines Werkes aus der Sprachwelt der Vergangenheit in die Bildersprache der Gegenwart zu übersetzen. „Der Findling“ setzte sich in meinem Kopf gleich in Bilder und Montagen um. Die Syntax ist so herrlich verrückt. […] Ich sah, daß es ein Film des Lichtes werden mußte, in dem Lichtkontraste eine hervorragende Rolle spielen. Ein Film über Liebe und Tod, in dem alles und nichts ernst waren. […] Es kam darauf an, eine Filmsprache zu finden, die selbstverständlich ist, wie Kleists geschriebene. Mit anderen Worten: einen Film über die Bewußtheit zu machen, so einfach und so kompliziert, daß es uns um den Verstand bringt.«
George Moorse

»Moorse präsentiert kurze, in sich geschlossene Bildfolgen, die in ihrer Verdichtung und Unterkühltheit kleistschen Sätzen entsprechen; aber zwischen jeder dieser Bildfolgen tut sich ein Abgrund, eine Distanz auf, die vom Zuschauer überbrückt werden will.«
Ulrich Gregor/Filmkritik (1967)


Sonntag, 20. November, 20 Uhr

DIE MARQUISE VON O.
LA MARQUISE D’O

BRD/F 1976 Farbe dF (= OF) 102 Min. 

Regie: Eric Rohmer nach der Novelle von Heinrich von Kleist
Kamera: Nestor Almendros
Musik: Roger Delmotte
Darsteller: Edith Clever, Bruno Ganz, Peter Lühr, Edda Seippel, Otto Sander, Ruth Drexel, Eduard Linkers, Hasso Huber, Eric Rohmer 

»[Die „Marquise“ ist] eine Komödie, in der etwas passiert, das so schrecklich ist, daß man nicht mehr lachen kann. Etwas Komisches, das nicht mehr tröstend ist, sondern erschreckend.«
Eric Rohmer

»Rohmer zielt nicht auf dubiose „Modernisierung“, sondern darauf, Sätze aus einer anderen Welt in Film zu übersetzen, ohne sie dabei ihrer Sinnlichkeit und Eigenart zu berauben. Der Versuch also der Bewahrung eines Textes in einem anderen Medium: seiner Wucht, seiner Glut, seiner gewundenen Dialoge, seiner Abgründe, angesiedelt an den Grenzen des Komischen.«
Harry Tomicek/Österreichisches Filmmuseum (2010) 


Donnerstag, 24. November, 20 Uhr

SAN DOMINGO 
BRD 1970 Farbe 138 Min. 

Regie: Hans Jürgen Syberberg, nach der Novelle „Die Verlobung in St. Domingo“ von Heinrich von Kleist
Kamera: Christian Blackwood
Musik: Amon Düül II
Darsteller: Michael König, Alice Ottawa, Carla Aulaulu (= Carla Egerer)

»Ich versuchte, einen eigenen Stil eines jungen deutschen Neorealismus zu finden und gleichzeitig doch auf neue Art zu stilisieren. Das musste alles anders aussehen als bisher, denn diese Leute waren anders und entzogen sich nicht nur in ihrem Leben den üblichen Normen. Da waren also die „Roten Zellen“ aus den Universitäten, die mit Motorrad-Rockern zusammen diskutierten über Gewalt und Revolution […] und da war eben der Einbruch dieses bürgerlichen, dummen Toren aus der Tradition des spießigen deutschen Idealismus in diese Welt und sein Scheitern.«
Hans Jürgen Syberberg (1976)

»SAN DOMINGO…ist der einzige Film, der mit Klarheit und Ehrlichkeit von der Jungendbewegung und vom Drama der deutschen Extrem-Linken berichtet. […] Wahrheit und Qualität sind aufs Engste verbunden.«
Laurent Dispot/Libération (1975)


Sonntag, 27. November, 20 Uhr

WIE ZWEI FRÖHLICHE LUFTSCHIFFER
BRD 1969 s/w und Farbe 84 Min. 

Regie: Jonathan Briel
Kamera: Christoph Roth
Musik: Gustav Mahler, Wolfgang Amadeus Mozart, Olivier Messiaen, Ravi Shankar Darsteller: Jürgen Wegner, Maria Milde

»Als „Skizzen für Bild und Ton“ bezeichnet der Autor den darin unternommenen Versuch, die Vorgänge der drei letzten Tage Heinrich von Kleists und seiner Todesgefährtin Henriette Vogel aufzuzeigen. Die Darsteller agieren stumm, dazu werden Briefe des Dichters zitiert und die aus zeitgenössischen Polizeiprotokollen rekonstruierten Aussagen der Wirtsleute vom Wannsee, die die letzten Stunden der beiden erlebten. […] Briels zweifellos von Straub beeinflusster Film verrät eine für ein Erstlingswerk erstaunliche Stilsicherheit, vermeidet die nahe liegenden Gefahren eines krampfhaften Manierismus und verliert sich bei aller formalen Originalität nie in bloßer Formspielerei.«
Heinz Kersten/Der Tagesspiegel (1969)


Veranstalter & Veranstaltungsort:
Filmclub 813 e.V. / Kino in der Brücke
Hahnenstraße 6
50667 Köln

Telefon/Fax 0221.3106813
E-Mail: programm@filmclub813.de
www.filmclub813.de

Eintrittspreise:
5,- Euro / Mitglieder 3,50 Euro / Schüler & Studenten 2,50 Euro 

Konzeption & Redaktion: 
Senta Koske, Helmut W. Banz